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549 kHz – eine schicksalhafte Frequenz, bei uns und in der Ukraine

Leser im Raum Nordbayern werden sich vielleicht noch an unseren Mittelwellensender Thurnau bei Bayreuth erinnern, der auf dieser Frequenz das Programm des Deutschlandfunks mit 100 kW zuverlässig abstrahlte. Bis zum Neujahrstag 2016. Dann wurde im Zuge der Sparmaßnahmen der Schalter umgelegt.

Diese letzten aufgezeichneten Minuten wurden mit einem Detektorradio empfangen, etwa 50 km Luftlinie von Thurnau entfernt. Wie man hört, wurde nach ca. 40 sec. mitten im Satz das Modulationssignal ohne „Verabschiedung“ gekappt, dann kommt noch 35 mal das Pausenzeichen und danach ist es still geworden um den Deutschlandfunk auf der Mittelwelle. D.h. nicht wirklich still in der Audiodatei: Man hört dann die anderen Sender in der Umgebung dieser Frequenz, denn so ein einfaches Detektorradio ist wenig trennscharf.

Nun kann man abends auf 549 kHz den Sender der Ukraine hören, besser natürlich mit einem hochwertigen Superhet-Empfänger. Da dort etliche FM-Sender wegen des Krieges zerstört sind, hat man sich wieder auf seinen 400 kW-MW-Sender bei Luch (Oblast Mykolajiw) rückbesonnen, der das ganze Land abdeckt. Der wurde zwar auch stillgelegt, aber nicht demontiert – wie es leider in Deutschland mit den AM-Sendern geschah. Hier ein Mitschnitt vom 1.3.22, 23 Uhr Ortszeit, da ist gerade Mitternacht in der Ukraine, wo die Hymne ausgestrahlt wird.

Zwar kann niemand in die Zukunft blicken, aber man hat so das dumpfe Gefühl, dass es in kurzer Zeit wieder einmal still werden wird. Und danach wird eine andere Hymne ausgestrahlt werden…

Auch wenn man weder ukrainisch noch russisch kann: es gibt Klänge, Geräusche die sind international. Wenn dort mal auf live-Reportage geschaltet wird und im Hintergrund das Schreien der Kinder und das Heulen der Sirenen zu hören ist, dann geht das jedem unter die Haut. Auf der MW 549 kHz werden sicher keine „fake news“ ausgestrahlt. Auch Fremdwörter oder technische Spezialbegriffe sind irgendwie international. So konnte man unlängst das Wort „Insulin“ mehrfach heraushören – wir können uns denken warum. Und jetzt wo wir in Deutschland ziemlich hilflos sind, natürlich eine Eskalation auf jeden Fall vermeiden wollen, möchten wir doch wenigstens der russischen Bevölkerung unsere Sicht der Dinge vermitteln als Zusatzangebot zum staatlichen Fernsehen dort. Doch wo sind denn unsere MW- und KW-Sender? Hatten wir nicht mal im Wertachtal elektronisch schwenkbare KW-Vorhangantennen von Weltklasse? Experten hatten damals vor einer kompletten Vernichtung unserer AM-Sendeanlagen gewarnt, doch man muss sich schon fragen (wenn etwas Zynismus gestattet ist), wozu wir in unserem Land überhaupt noch Experten brauchen, wenn letztlich doch anders entschieden wird. Zum Glück waren nicht alle Länder der EU so gründlich wie wir. Sie haben zwar zur Stromersparnis abgeschaltet aber nicht alles demontiert. Österreich z.B. verstärkt seinen KW-Betrieb jetzt aus aktuellem Anlass wieder.

Quelle: www.darc.de

Anders als bei uns hat man dort begriffen, dass man sehr wohl das Internet und den staatlichen Rundfunk zensieren kann, nicht aber die Ionosphäre.

Nachtrag: Tatsächlich konnte der ukrainische Sender vom Autor seit 6. März nicht mehr empfangen werden.

by Ralph Oppelt, DL2NDO

6 thoughts on “549 kHz – eine schicksalhafte Frequenz, bei uns und in der Ukraine”

  1. Jedes Auto hat nach meinem Wissen ein 2Kreis Bremssystem. Einen Verbandskasten, obwohl es unter Tel.112 Ambulanzen gibt, Jeder Vernünftige hat Bargeld neben dem Girokonto. Und informiert sich mehrseitig. Alles mit Sicherheitsgurt. Doppelt =besser.
    ….China zensiert im Lande, sendet für die Welt draussen auf KW,
    Nicht so abschaltbar wie z.B. russische Nachrichtensender, die Brüssel zum Schutz „unmündiger“ Bürger in den Netzen blockt. Eine „Liga“ mit China, IRAN etc? …und Deutschland? Kein Interesse, die Welt unabschaltbar zu informieren? 2011 DW KW im Bundestag abgewählt.
    Ist das hochnäsig technikverliebt, oder Sparsamkeit? Nur wer das Volk erreicht, kann mitgestalten. Das Volk ist wie das Immunsystem im Volkskörper.
    Wer es dumm hält hat Absichten, vor 80 Jahren war ja mal Feindsender zu hören strafbar,
    Wer Nachbarvölker von draussen informiert, kann Einseitigkeit verhindern und langfristig durch Kulturaustausch mehr für den Frieden tun, als durch Panzer.

    Brauchen wir nicht Beides? Komfort plus einfachste immer funktionierende Werkzeuge? Handkurbelsirenen neben den Hightec-Alarmen, die nur mit Strom funktionieren? Etc. Etc.
    Schade, aber vermutlich so von der Politik bevormundend gefordert. Eine sich wohlfühlende wenig mitdenkende Masse ist pflegeleichter.
    Aber wir sollen die Hoffnung nicht aufgeben, dass Deutschlands Politik mehr „Werbung“ macht, und den analogen Funk
    parallel wieder nutzt.
    Bombardiert den Bundestag mit entsprechenden Petitionen, denn Funk ist wirkungsvoller als Kriegsgerät.
    Selbst Napoleon soll vor über 200 Jahren gesagt haben: 4 feindliche Zeitungen sind gefährlicher akß 1000 Bajonette.

  2. Ich konnte das Abschalten der deutschen Sendeanlagen auf Kurz- und Mittelwelle nicht nachvollziehen. Jeder, der technisch halbwegs versiert ist, weiß wie wichtig im Notfall diese Sender sein können. Es wäre schön, wenn hier nun geflüchtete Ukrainer eine Sendung über Kurz- oder Mittelwelle für ihre im Land Verbliebenen gestallten könnten. Schade. Vielleicht sollte die Regierung angesichts der Ereignisse einmal ihren Katastrophenschutz überdenken.

  3. Das Aufrechterhalten von AM-Sendeanlagen für den Katastrophenschutz und und grenzüberschreitende Informationen halte ich ebenso für eine sinnvolle Sache. Dabei sind aber drei Faktoren zu beachten, die in den Artikeln hier nicht genannt wurden:

    1. Es bedarf einer gründlichen Neuplanung von Reichweiten, Footprints und Unterscheidung zwischen lokalem, deutschlandweitem und Internationalem Informationbedürfniss. Ein einfaches Weiterso mit den für Rundfunk konzipierten Anlagen wäre nicht optimal.

    2. Die Empfangsgeräteindustrie muss zwingend mit ins Boot genommen werden. Das kann man nicht dem Markt überlassen. Ich erinnere an DRM (Digitalisierung der L-M-K-Bereiche), die meines Wissens nahezu gescheitert scheint. Das sogenannte „Henne-Ei-Prinzip“ erweist sich als Killer eines jeglichen neuen oder wiedereingeführten Systems. Die noch bei uns „Ewig Gestrigen“ schlummernden AM-Empfänger werden schon jetzt keine tragfähige Basis mehr darstellen.

    3. Grenzüberschreitende Informationspolitik, gerade im gegenwärtigen Konfliktszenario, ist leider dem Jamming (Gezielter Einsatz von Störsendern) nahezu hilflos ausgeliefert. Und darin ist der Große Bruder Bär ein wirklicher Meister gewesen und würde sicherlich seine Mess- und Wobbeltöne auf riesigen Vorhangantennen schnell wieder reaktivieren können.

  4. KW 6070 kHz sendet regelmäßig aus ORF Zentrum Moosbrunn, div. Programm Anbieter , auch DARC regelmäßig! Gutes Signal in süddeutschem Raum auch am Tag.

  5. Auch ich kann – insbesondere unter den Gesichtspunkt der Information mit wahren Inhalten und des „Katastrophenfunks“ nicht verstehen warum Sender angeschaltet werden deren Empfang mit heute einfach vefuegbaren Radios und nicht zurueckverfolgbar moeglich waere.
    Ansich – so die alten Gesetzestexte – sollte die Welt darueber ueber das wahre Leben in DL informiert werden. Warum bspws die DW nicht in Richtung UKR via KW sendet ist mir unbegreiflich
    73 KW4KE

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